Wethau beschreitet einen alten Weg auf neue Weise
Landwirtschaft: Kleiner Ort bei Naumburg hat einen Verein gegründet und will ökologischen Weinanbau betreiben.
Benjamin Ritter hat eine Vision. Wethau soll sich zu einem kleinen und exklusiven Weindorf entwickeln. Auf einem Weinberg soll die Sorte „Cabernet Blanc“ möglichst biologisch angebaut werden. Dort soll irgendwann auch eine kleine Straußwirtschaft entstehen, wo der edle Tropfen ausgeschenkt wird und in Wethau soll dann in den kommenden Jahren regelmäßig ein Weinfest gefeiert werden können.
Weintraube im Wappen
So oder so ähnlich muss das nämlich schon einmal gewesen sein in dem kleinen Ort bei Naumburg. Benjamin Ritter ist sich da sicher. Als er vor zweieinhalb Jahren zum Ortsbürgermeister gewählt wurde, begann der 38-Jährige, sich mit der Historie von Wethau zu beschäftigen. Er stieß auf ein Wappen und entdeckte auf ihm eine Weintraube. „Deswegen bin ich mir sicher, dass es hier vor langer Zeit schon einmal Weinanbau gegeben haben muss“, sagt er. Ritter befragte ältere Bürger, die zwar keine konkreten Fakten liefern konnten, aber sich vage erinnerten, davon gehört zu haben.
Benjamin Ritter fasste folgenden Entschluss: „Wir werden in Wethau diese alte Tradition in die Gegenwart zurückholen.“ Er stellte seine Idee dem Ortschaftsrat vor und dieser war davon angetan. Das war der Startschuss für ein spannendes Projekt. Einwohner wurden gefragt, ob sie Mitglied eines entsprechenden Vereines werden wollen. „Anfangs hatte ich Bedenken, überhaupt sieben Personen zu finden, die für eine Gründung nötig sind“, sagt Benjamin Ritter. Er sollte sich irren. Am 6. Oktober dieses Jahres wurde mit 13 Leuten der Weinbauverein gegründet. Heute wirken bereits 23 Mitglieder mit. Eine gemeindeeigene Fläche, ein Hang mit Südlage, wurde gefunden, Genehmigungen für das Vorhaben beim Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung und bei der Unteren Naturschutzbehörde eingeholt und der verwilderte Hang urbar gemacht. „Da gab es schon eine Menge zu tun“, sagt Benjamin Ritter.
Ökologisch soll es sein
Zugleich beschäftigte die Mitglieder folgende Frage: „Was für eine Sorte von Reben nehmen wir?“ Das Projekt stand immer unter dem Gesichtspunkt, diese Landwirtschaft möglichst ökologisch und biologisch zu betreiben. „Gänzlich ohne Behandlung geht es nicht, aber uns war immer wichtig, so wenig wie möglich und wirklich nur so viel wie nötig an Spritzmitteln einzusetzen“, sagt Ritter.
Der „Cabernet Blanc“ schien gut geeignet. Ein Winzer, der ihn anbaut, hatte ihn empfohlen. Es handele sich um eine relativ neue Sorte, die recht resistent gegen Pilzbefall sei, sagt Ritter und das sei das große Ziel gewesen, so eine Sorte zu finden. Vorher aber wollten die Mitglieder sichergehen, ob sie überhaupt schmeckt und so suchten sie den „Cabernet Blanc“ in den Regalen von Geschäften und machten eine kleine Verkostung von deren Weiß- und Rotweinen. Der Weißwein mundete ihren Gaumen am meisten. 330 Reben wurden gekauft, in die Erde gesetzt und sie wachsen jetzt erst einmal auf der Anbaufläche von 1 000 Quadratmetern heran. Im Frühjahr beginnt ihre Pflege und in einer kommenden Mitgliederversammlung werde dafür auch ein Jahresplan aufgestellt, sagt Ritter. „Wir haben hier im Ort Menschen, die Ahnung davon haben“, sagt Benjamin Ritter.
Die eigentliche Bewirtschaftung werde ein Einzelbauer übernehmen. Es solle sich nämlich auch um einen Einzelweinanbau handeln, sagt Ritter. Das heißt, die Ernte werde nicht zu einer zentralen Genossenschaft gebracht, wo sie mit Erträgen anderer Lagen zum Endprodukt verarbeitet werde, sondern er solle extra gepresst werden, damit er der „Wethauer Wein“ bleibt und so ein exklusives Aushängeschild des Ortes sei. Dieser solle später beispielsweise als Geschenk anstelle des bisherigen Blumenstraußes an ältere Bürger übergeben werden, die er als Bürgermeister an ihren Ehrentagen besucht, oder vielleicht auch als Mitbringsel für Touristen. Läuft alles nach Plan, entstehe am Hang auch die kleine Straußwirtschaft, wo der edle Tropfen ausgeschenkt wird. Andrea Hamann-Richter