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Urlaubstypen: Geht die Reise 2018 in die Berge oder ans Meer?

Die meisten Deutschen wissen ganz genau, welcher Urlaubstyp sie sind. Das hat nichts mit Zufall zu tun. Experten erklären die spannenden Gründe.

Urlaubstypen: Geht die Reise 2018 in die Berge oder ans Meer?

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Reiseziele 2018

Die meisten Deutschen wissen ganz genau, welcher Urlaubstyp sie sind. Das hat nichts mit Zufall zu tun. Experten erklären die spannenden Gründe.

27.01.2018 08.00 Uhr

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Ob in Bayern oder Kanada, ob mit oder ohne Schnee: Gebirgslandschaften wirken oft als Gegenentwurf zur Alltagsumgebung und sind deshalb eine willkommene Kulisse für den Urlaub. FOTOS: C. HEINKE

Zugspitze oder Mittelmeer? Die einen liegen am liebsten an einem Strand, die anderen bevorzugen Gipfelblicke. Beide Landschaftstypen faszinieren offenbar Millionen von Urlaubern. Denn die wichtigsten Reiseziele rund um den Globus haben fast immer Meerblick oder Berge am Horizont. Aber woher kommt das eigentlich?

„Es gibt zwei Grundmotive, warum Menschen Urlaub machen: den Wunsch nach Erholung und den nach Kontrast zum Alltag“, sagt Professor Ulrich Reinhardt. „Alle anderen Kriterien, Exotik, Erotik, Kultur, Essen sind nachrangig“, erklärt der Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg. Und in dieser Hinsicht haben Landschaften wie Berge und Meer einfach jede Menge zu bieten.

In der Schweiz ging’s los

Historisch gesehen, startete der Tourismus in großem Stil vor gut 150 Jahren in der Schweiz: „Die Ursprünge waren der Bergtourismus und der Alpinismus“, sagt Reinhardt. Damals entwickelte der Brite Thomas Cook das Konzept der Pauschalreise. Und dabei ging es zunächst einmal in die Alpen. Die Engländerin Jemima Ann Morell (1832 - 1909) nahm an der ersten Pauschalreise überhaupt teil, die unter anderem ins Wallis sowie ins Berner Oberland führte.

Sie führte Tagebuch darüber, das vor einigen Jahren auch auf Deutsch erschienen ist. Die damals junge Britin schwärmte von steilen Pfaden, schneebedeckten Alpengipfeln, mit Alpenrosen bewachsenen Hängen und den Grindelwaldgletschern. Ihr Reisebericht klingt wie eine aufregende Expedition in eine völlig fremde Welt.

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Seit den 1960ern ans Meer

Erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg kam dann der zweite große Tourismustrend Richtung Mittelmeer. „Das war in den 1960er Jahren“, sagt Professor Reinhardt, als die Deutschen mit dem Käfer an die Riviera oder mit dem Flieger nach Palma de Mallorca durchstarteten. Seitdem sind diese beiden Vorlieben etablierte Konstanten im Urlaubsverhalten.

Meiste bleiben treu

Und Konstanten wissen deutsche Urlauber ausgesprochen zu schätzen: „Jeder dritte Deutsche ist ein Stammgast, der seinem bevorzugten Reiseziel treu bleibt.“ Dieser Faktor bei der Urlaubsplanung wird oft unterschätzt: „Von den Urlaubern, die zuletzt an der Nordsee waren, fahren 45 Prozent wieder dorthin“, sagt Reinhardt. „Von denen, die in Bayern waren, entscheiden sich 42 Prozent beim nächsten Mal noch einmal dafür.“ Also: Entweder Berge oder Meer.

Die Werte für Ostsee und Baden-Württemberg (jeweils 35 Prozent) liegen etwas niedriger. Die Zahl der konsequenten Wechsler, die in einem Jahr Urlaub am Meer und im anderen in den Bergen machen, hält Reinhardt für deutlich kleiner.

Aber wie erklärt sich diese Trägheit bei der Wahl des Urlaubsziels? „Man will einerseits Ablenkung vom Alltag, aber andererseits eben auch Vertrautheit“, erklärt der Wissenschaftler.

Freiheit und Fernsicht

Montanlandschaften mit ihren beeindruckenden Gipfelriesen wirken oft als Gegenentwurf zur Alltagsumgebung: „Die Berge sind einfach unglaublich massiv und dadurch faszinierend“, sagt Thomas Vetsch von Schweiz Tourismus. „Das erlebe ich auch so, immer wieder.“

Vetsch kommt selbst aus der Schweiz, dem Land, in dem es allein 48 Viertausender gibt und Berge wie das Matterhorn, die Jungfrau oder den Eiger, die weltweit berühmt sind. „Wenn man sich vorstellt, welche Kräfte da gewirkt haben, diese Giganten der Alpen aufzutürmen, fühlt man sich gleich ganz klein. Das ist ein Erlebnis, das viele machen.“

Toll an den Bergen findet Vetsch vor allem den Blick in die Ferne: „Ich war gerade in der Ostschweiz, da gibt es schon fantastische Aussichten.“ In seiner Ostschweizer Heimat steht auch sein Lieblingsberg, der Hohe Kasten. „Er ist nur knapp 1 800 Meter hoch“, erzählt Vetsch, „aber man hat eine großartige Sicht auf Bergseen und aufs Rheintal, bis zum Bodensee.“

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Auch das Meer ist für viele ein Kontrast zum Normalmilieu. Als Urlaubsort haben Strand & Co. den Vorteil, dass man hier sowohl aktiv als auch ganz einfach faul sein kann

Schweben, schwimmen...

Diese Begeisterung für die Bergwelt teilt nicht jeder: „Ich mag Berge überhaupt nicht“, sagt die Wissenschaftsjournalistin Eva Tenzer. „Ich fühle mich da eingeengt und mache dort nur selten Urlaub.“ Sie zieht es ans Wasser. Und wieso ist Urlaub am Meer so besonders?

„Es gibt einen wichtigen Unterschied zu allen anderen Landschaften“, sagt Tenzer. „Man hat dort die Möglichkeit zum passiven Genießen. In den Bergen wandert man oder will sogar auf die Spitze“, erklärt die Autorin des Buches „Einfach schweben - Wie das Meer den Menschen glücklich macht“, die in Oldenburg unweit der Nordseeküste lebt.

Mit Bergen verbinde sich für sie fast automatisch die Herausforderung hochzusteigen. „Und das ist anstrengend.“ Am Strand könne man einfach nichts tun außer den anderen Strandurlaubern zuzugucken - ein maximaler Gegenentwurf zur Arbeitswelt.

Wer unbedingt aktiv sein möchte, könne das an einer Meeresküste meist ganz ohne Probleme: „Schwimmen, surfen, segeln - das Meer lässt sich vielfältig erleben. Das ist ein wichtiger Aspekt.“

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Bergluft oder Meeresbrise

Thomas Vetsch lässt dieses Argument nicht gelten: „Man kann in den Bergen ebenfalls ganz wunderbar entspannen und nichts tun, außer die frische Bergluft zu genießen.“

Klassische Luftkurorte wie Davos und Saas Fee hätten schon immer davon profitiert. Es stimme zwar, dass im Gebirge die Versuchung groß sei, die Wanderstiefel anzuziehen. „Aber man muss das ja nicht machen.“

Für Eva Tenzer kommt am Meer dieses besondere Gefühl von Ungezwungenheit hinzu: „Man kommt an den Strand, zieht sich aus, zumindest die Schuhe, läuft mit den nackten Füßen durch den Sand. Man spürt dieses Leichtlebige, Ursprüngliche.“ Das setzt sich beim Baden fort: „Das Salzwasser trägt einen, man hat ein Gefühl von Schwerelosigkeit - das gibt es in Flüssen oder Seen nicht.“

Und schon die Geräusche des Meeres seien für Menschen angenehm: „Das Wellenrauschen ist wie Wellness für Ohren. Das hat man in keiner anderen Landschaft.“

Je nach Lebensphase

Woher es kommt, dass die einen lieber ans Meer fahren und die anderen in die Berge? „Das hat sicher etwas mit Prägung zu tun, mit der eigenen Biografie“, sagt Tenzer.

„Oft mag man einfach die Landschaften,mit denen man aufgewachsen ist. Aber wir haben auch Sehnsuchtslandschaften, die stark durch Bilder, Erzählungen und spätere Erfahrungen geprägt worden sind.“

Ebenso hängt es stark von der jeweiligen Lebensphase ab, betont Professor Reinhardt. „An der Küste machen dreimal so viele Familien Urlaub wie Ältere, in den Bergen dreimal so viele Ältere wie Familien. Allein der Anteil der Urlauber über 65 ist dort doppelt so hoch wie der zwischen 50 und 64 Jahren“, erklärt der Wissenschaftler. Gleichzeitig sei der Anteil von Paaren ohne Kinder in den Gebirgsregionen deutlich höher als an der See.

Einfluss auf Tourismus

Da könnte sich in den kommenden Jahren allerdings einiges tun: „Die Zielgruppe Familie wird kleiner und damit auch die Zahl der Touristen mit einer Vorliebe fürs Meer.“ Für die Tourismusbranche sei deshalb eine der künftigen Herausforderungen, mehr Ältere für den Urlaub am Strand zu begeistern - statt sie an Gegenden mit Bergen zu verlieren.

Thomas Vetsch kennt dieses Entweder-Oder übrigens nicht. „Ich gehe wahnsinnig gern in die Berge“, gesteht der Schweizer und fügt hinzu: „Aber ich bin auch immer wieder gern am Meer.“ dpa