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„Ich bin für alles Neue zu haben“

Studieren in Merseburg

„Ich bin für alles Neue zu haben“

Von Walter Zöller Wer im Sommer bei schönem Wetter mit Alfred Georg Frei sprechen will, muss trittsicher sein. Der Weg führt durch das Büro des Professors für Kulturgeschichte, dann gilt es ein Podest zu besteigen, durch das geöffnete Fenster zu klettern, auf der anderen Seite erneut ein Podest zu nutzen und auf einer schmalen Veranda an einem Tisch Platz zu nehmen. Dort bietet Frei seinen Besuchern schon einmal eine Portion Erdbeeren an. Und man hat in der vierten Etage des Hauptgebäudes der Hochschule einen schönen Blick über die Stadt.Hohes Ansehen Freis Außenstelle seines Büros ist bezeichnend für einen Mann, der bei Studenten wie Dozenten hohes Ansehen genießt. Er ist spontan, mag unkonventionelle Lösungen und ist fachlich top. Oder, wie es der Mittsechziger Frei sagt: „Ich bin auch weiterhin für alles Neue offen.“Seine Studenten profitieren davon. Wie alle Professoren der Hochschule kommt auch Frei aus der Praxis. Der Historiker leitete das Kulturamt in Singen (Baden-Württemberg), verantwortete eine große Ausstellung in Karlsruhe zur Revolution der deutschen Demokraten in Baden 1848/49, arbeitete als freier Journalist und nahm im Jahr 2000 eine Professur als Kunsthistoriker in Merseburg an.„Der anwendungsorientierte Ansatz, der hier verfolgt wird, hat mich damals sehr gereizt. Das ist bis heute so geblieben“, sagt er. So lasse sich leicht über die Geschichte des Römischen Reichs dozieren. Aber man könne in einem Seminar auch den Einstieg über die damaligen Essgewohnheiten wählen. „Das haben wir gemacht und zusammen mit einem Hotel entsprechende Speisen aufgetischt“, sagt der Wissenschaftler. Die Auswahl der Partner für die Geschichtsprojekte verdeutlichen das Arbeitsprinzip: Sie reicht vom Radisson-Hotel in Merseburg über das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle bis zur Landsberger Brauerei.Beispielhaft ist das jüngste Vorhaben mit dem Kulturhistorischen Museum Merseburg: Die Studenten sollten 70 Exponate beschreiben. Darunter waren Plakate aus der Zeit der friedlichen Revolution 1989, eine Dederon-Schürze, Steine eines mittelalterlichen Mauerwerks und alte Stadtansichten. „Die Studierenden bekommen so einen ganz anderen Zugang zur Kulturgeschichte“, ist Frei sicher.Auch die Merseburger kommen mit dem in Berührung, was der Wissenschaftler mit angeschoben hat - etwa die Kulturgespräche, das Bildungsfest am Geiseltalsee und die Defa-Filmtage.Der Historiker habe mit seinen Initiativen viele Spuren in der Stadt hinterlassen, sagt der Student Daniel Stahnke. Frei sei „absolut authentisch“, man könne jederzeit auf ihn zugehen. Stahnke arbeitet im Interkulturellen Zentrum mit, das sich mit dem Wissenschaftler dem Thema Flucht PORTRÄT Ganz praktisch: Wie Alfred Georg Frei den Studenten die Geschichte vermittelt. und Vertreibung angenähert hat. „Auch - aber nicht nur - in dem wir mit jungen Leuten aus Syrien, Afghanistan und Somalia deren Landesküche ausprobierten“, sagt Frei.Genussradeln im Tal Frei ist auch dabei, wenn es zur Geiseltalrundfahrt geht. Das Genussradeln soll vor allem Spaß machen. „Aber wir wollen auch die Region und dort vorhandene Zeugnisse der Kultur näher kennenlernen“, versichert er.Der heutigen Studentengeneration begegnet Frei aufgeschlossen: „Von ihren Ideen kann man viel lernen.“

Porträt: Ganz praktisch: Wie Alfred Georg Frei den Studenten die Geschichte vermittelt.

24.06.2018 12.00 Uhr

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Der Historiker Alfred Georg Frei  FOTO: MARCO JUNGHANS

Praxis

Richterin und Manager

Viele Professoren bringen große praktische Erfahrung mit. Hier drei Beispiele:

Anja Haertlein: Die Professorin für Wirtschaftsrecht und Unternehmensfinanzierung war mehrere Jahre Rechtsanwältin in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Köln. Danach war sie in der Justiz als Zivilrichterin und als Staatsanwältin in Leipzig tätig.

Stefan Meißner: Der Professor für Medien- und Kulturwissenschaften arbeitet nach seinem Studium unter anderem im Bereich Webentwicklung.

Boris Kaehler: Der Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisations- und Personalpsychologie war zehn Jahre als HR-Manager in Tochterunternehmen großer deutscher Konzerngesellschaften tätig.