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Mit Sicht auf den Brocken

10 Jahre Landkreis Harz

Mit Sicht auf den Brocken

Am 1. Juli besteht der Harzkreis zehn Jahre. Das bietet Zeit für Rückschau und Ausblick. Uwe Kraussprach darüber mit Landrat Martin Skiebe (CDU). Wo waren Sie, als die drei Landkreise 2007 fusionierten? Martin Skiebe: Als letzter amtierender Landrat von Quedlinburg war ich natürlich an den Gesprächen im Vorfeld beteiligt. Ich bin ja seit 1990 mit an Bord und habe erlebt, dass schon vor dem formalen Akt die Zusammenarbeit mit den Nachbarlandkreisen gut funktioniert hat. Wir begannen 2007 nicht bei Null. Ich denke da nur an den Abfallzweckverband oder den Tarifverbund im ÖPNV. „Es hat ganz gut geklappt“, sagt Ihr Amtsvorgänger, Dr. Michael Ermrich über die Kreisgebietsreform im Harz. Martin Skiebe: Dem kann ich voll zustimmen. Da sind zehn Jahre eine recht kurze Zeit. Stadt Falkenstein und die Altlandkreise Wernigerode, Quedlinburg und Halberstadt sind gut zusammengewachsen, auch wenn einige Dinge immer noch im Fluss sind. Man muss sich ja verdeutlichen, wir sind ohne große Hilfe von außen auf eine Reise geschickt worden.

Martin Skiebe: „Sind ohne große Hilfe von außen auf eine Reise geschickt worden.“

03.07.2017 14:00 Uhr

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Landrat Martin Skiebe äußert sich voller Stolz über das Engagement innovativer Unternehmer und vieler Ehrenamtlicher in den Vereinen. FOTO: UWE KRAUS
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FOTOS: KRAUS, ZERFASS (2)

Ist der Landkreis Harz schon angekommen?

Martin Skiebe: Das Zusammenwachsen ist weit fortgeschritten, aber so eine Fusion bewältigt sich nicht in drei Wochen. Unbestritten erleben wir eine Erfolgsgeschichte. Dazu gehört aber auch, dass es noch ein paar Baustellen gibt.

Gibt es am 1. Juli eine Geburtstagsparty?

Martin Skiebe: Wir werden das kleine Jubiläum nicht einfach so verstreichen lassen. Aber es geht ohne Kerzen, Torte oder Sekt ab. Ab 1. Juli zeigen wir eine Fotoausstellung, am 2. September präsentiert sich die Kreisverwaltung bei einem Tag der offenen Tür im Bürgerdialog. Da wird es einige Überraschungen geben, denn kaum jemand weiß, wofür das Landratsamt alles Ansprechpartner ist.

Sollten Sie mit der Gebietsreform nicht noch viel mehr Aufgaben übernehmen?

Martin Skiebe: Ja. Ich sehe das, was aus der geplanten kraftvollen Funktionalreform geworden ist, sehr kritisch. Da wurde eine Chance verspielt. Was an Aufgaben von der Landesauf die Kreisebene verlagert wurde, gleicht einem Reförmchen. Dass wir es können, haben die beiden vergangenen Jahre erneut bewiesen, in denen wir zeigten, wie wir mit Belastungen von außen umzugehen verstehen.

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Wie von Ballenstedt aus ist der Brocken von vielen Orten in der Nordharzregion gut zu sehen. FOTO: ARCHIV/WOHLFELD

Herrscht nicht vielerorts immer noch ein Altkreisdenken?
 
Martin Skiebe:
Ich bin oft mit den Bürgern im Gespräch. Klar gibt es da und dort so etwas noch, was aber auch berechtigten Stolz assoziiert. Aber mehrheitlich spüre ich eine gemeinsame Identifikation. Der Brocken ist bei gutem Wetter von Quedlinburg ebenso gut zu sehen wie von Halberstadt, Wernigerode oder aus der Stadt Falkenstein. Halberstadt ist Kreissitz, die Sparkasse sitzt in Wernigerode, und das Finanzamt hat das Land nach Quedlinburg verlagert, alle Altkreisstädte haben also etwas abbekommen.

Der Harz ist eine Marke mit - bundesweiter Ausstrahlung. Sie engagieren sich auch als Chef des Regionalverbandes Harz für ihn. Sind Sie zufrieden damit, wie sich der Harz als Region derzeit darstellt?

Martin Skiebe: Dass 1989 der geteilte Harz wieder zusammengeführt wurde, bot eine einmalige Chance für eine Region, die sich über drei Bundesländer erstreckt. Als Landkreis bauen wir Brücken über Verwaltungsgrenzen hinweg. Harz, das sind viele Emotionen, das ist Heimat. Wir als Landkreis setzen uns dafür ein, dass er sich grenzenlos entwickelt. Da wird viel genetzwerkt.

Auch in der Harzwirtschaft?

Martin Skiebe: Besonders dort. Ob IHK oder Wirtschaftsjunioren Harz, wir finden als Kommune verlässliche Partner, die über den Tellerrand schauen. Diese Kultur brauchen wir, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen.

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Die jüngste Tourismusinvestition ist die 458 Meter lange Seilhängebrücke an der Rappbodestaumauer. FOTO: ZB

Hat sich dabei die Harz AG als Vereinigung bewährt?

Martin Skiebe: Wir stehen an einem Punkt der Neuausrichtung der Harz AG. Darüber reden wir gerade mit den Aktionären. Wirtschaftsförderung muss nachhaltig gedacht werden. Unsere Zusammenarbeit trägt einen besonderen Charakter. Weil wir mit der AG ein wichtiges Instrument der Wirtschaftsförderung haben, werden wir regelmäßig nachjustieren.

Was lieben Sie am Landkreis Harz außerdem?

Martin Skiebe: Unser Landkreis bietet hohe Lebensqualität in einer attraktiven Kulturlandschaft. Es gibt viele innovative Unternehmer, die mutige Investitionen in Wirtschaft und Tourismus auf den Weg bringen. Nicht zu vergessen sind die vielen kleineren Projekte von Menschen in den Orten des Landkreises, die sich mit ihren Ideen in die Gestaltung unseres Lebensraums einbringen. Mit all diesen Initiativen stärkt der Landkreis Harz seine Wettbewerbsfähigkeit.

Wofür in Zeiten des demographischen Wandels durchaus dicke Bretter gebohrt werden müssen?

Martin Skiebe: Natürlich. Es dreht sich immer vordergründig um den Fachkräftenachwuchs für die Unternehmen. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, viele Bereiche unseres Lebens leben vom Ehrenamt. Wenn wir von einem zukunftsfähigen Harz reden, geht es auch um die Menschen in den Feuerwehren, in den Vereinen und Hilfsorganisationen.